Verfassungswidrigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte
Es wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) festgestellt, dass die Beschränkung der Verlustverrechnung für Termingeschäfte, wie sie im Jahressteuergesetz 2020 vorgesehen ist, potenziell das Grundgesetz bricht.
Seit 2020 ist es nur noch erlaubt, Verluste aus bestimmten Kapitaleinkünften, wie zum Beispiel aus dem Ausfall von Forderungen, dem Verfall von Wertpapieren und Privatdarlehen, bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 Euro pro Jahr zu verrechnen.
Verluste aus Termingeschäften und vergleichbaren Finanzinstrumenten wie Optionsscheinen, Hebelzertifikaten und Contracts for Difference (CFDs) sind ebenfalls von dieser Beschränkung betroffen. Die Absicht dieser Regelung ist es, intensive Steuergestaltungen zu verhindern, aber sie macht es privaten Kapitalanlegern schwerer, Verluste vollständig zu verrechnen.
Einzelheiten zu der Verlustverrechnung bei Termingeschäften:
Verluste, die diesen Betrag überschreiten, können in das folgende Jahr vorgetragen, jedoch nicht im aktuellen Jahr vollständig verrechnet werden.
Derivate wie Optionsscheine und Zertifikate sind hiervon ausgenommen. Verluste aus Termingeschäften können nur mit Gewinnen aus anderen Termingeschäften verrechnet werden.
Beispiel
Die Besteuerung von Kapitalgewinnen (auch Erträge aus Wertpapiergeschäften) beträgt in Deutschland 25 %. Nach der Regelung von 2020 konnte ein Trader am Jahresende beispielsweise €1 Million Gewinn und €600.000 Verlust erzielt haben. Jedoch durfte er nur €20.000 des Verlustes verrechnen, was zu einem zu versteuernden Gewinn von €980.000 führte und somit eine Steuerlast von €245.000 verursachte.
Auch wenn der Nettogewinn vor Steuern nur 400.000 Euro betrug, war der tatsächliche Jahresgewinn nach Steuern deutlich niedriger.
In Situationen, in denen ein Händler am Jahresende keinen Nettogewinn erwirtschaftete (z. B. einen Gewinn von 1 Mio. € und einen Verlust von 1 Mio. €), wäre ihm dennoch eine Steuerlast von 245.000 € auferlegt worden, was trotz fehlenden Nettogewinns erhebliche finanzielle Verluste zur Folge gehabt hätte.
Viele Privatanleger in Deutschland wurden von dieser Einschränkung abgeschreckt. Sie zogen sich entweder vom Markt zurück oder suchten nach Alternativen wie der Registrierung als professioneller Händler oder dem Handel mit Kapitalgesellschaften, die nicht von der Beschränkung der Verlustverrechnung betroffen sind.
Änderungen durch Jahressteuergesetz 2024:
Der Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 sieht vor, die 20.000-Euro-Grenze rückwirkend abzuschaffen. Zukünftig könnten solche Verluste unbegrenzt gegen Gewinne verrechnet werden.
Voraussichtlich am 22. November wird der Bundesrat das Gesetz beschließen.
Details zum Urteil des BFH
Die Entscheidung des BFH beruht auf einem Fall, in dem ein Kapitalanleger Differenzkontrakte (CFDs) gehandelt hatte und sowohl Gewinne als auch Verluste erzielte. Das zuständige Finanzamt erlaubte jedoch nur eine Verrechnung der Verluste bis zum Höchstbetrag von 20.000 Euro und wies die darüberhinausgehenden Verluste zurück. Der BFH bestätigte, dass diese Beschränkung verfassungsrechtlich bedenklich ist, und setzte die Durchsetzung der Verlustverrechnungsbeschränkung für den Antragsteller vorläufig aus („Aussetzung der Vollziehung“ oder AdV).
Auswirkungen für Kapitalanleger
Falls sich das Urteil bestätigt, könnten Kapitalanleger künftig Verluste aus Termingeschäften unbegrenzt mit anderen Einkünften verrechnen. Dies könnte erhebliche Steuervorteile bringen, da sie mehr Verluste zur Senkung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte geltend machen könnten. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass die Finanzverwaltung darauf reagieren und gegebenenfalls gesetzliche Anpassungen vornehmen würde, um die Verlustverrechnung erneut zu beschränken.
Weitere rechtliche Entwicklungen und mögliche Konsequenzen
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert bereits eine Überarbeitung der Regelungen durch die Bundesregierung. Sollte der BFH die Verfassungswidrigkeit bestätigen, könnte die Frage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) weitergeleitet werden, um die Rechtslage endgültig zu klären. Andernfalls müsste die Finanzverwaltung die BFH-Entscheidung umsetzen und betroffene Steuerbescheide anpassen.
Fazit
Die Einschränkung der Verlustverrechnung auf 20.000 Euro kann für Investoren erhebliche Nachteile mit sich bringen, da sie eventuell nicht in der Lage sind, sämtliche Verluste zur Steuerermäßigung zu nutzen, was zu Steuerverzerrungen führen kann. Darüber hinaus haben Anleger häufig keine Kontrolle darüber, wann Verluste auftreten können, etwa wenn ein Darlehen ausfällt oder ein Termingeschäft beendet wird.
Dies hatte zur Folge, dass deutsche Einzelhändler CFDs nur eingeschränkt als effizientes Handelsinstrument nutzen konnten. Mit der Änderung, die voraussichtlich Anfang 2025 in Kraft treten wird, könnte dies erneut zu einer stärkeren Wertschätzung der Stärken von CFDs als wirksames Anlageinstrument führen und angesichts der Flexibilität, die CFDs bieten können, wieder zu einem effizienten Werkzeug zum Handeln werden.