H2 2024 USD/JPY Ausblick: Bärische Tendenz bei asymmetrischem US-Zinsrisiko
- USD/JPY 2024 Aufwärtsentwicklung aufgrund einer deutlichen Neubewertung der US-Zinsaussichten
- Längerfristig besserer Ausblick erzeugt asymmetrische Abwärtsrisiken für US-Zinsen
- Zinserwartungen der Fed bestimmten die USD/JPY-Bewegungen in Q2
- Makroökonomische Faktoren in Japan spielen für Händler weiterhin eine untergeordnete Rolle.
- Im Basisszenario von H2 wird davon ausgegangen, dass USD/JPY auf die wichtige Unterstützung bei 151,95 zurückfällt.
- Nachlaufrisiken im Szenario einer harten Landung in den USA deutlich nach unten gerichtet
USD/JPY-Ausblick: Zusammenfassung
Die Aufwärtsentwicklung von USD/JPY wurde durch die deutliche Neubewertung der US-Zinsaussichten in den letzten sechs Monaten angetrieben. Die Händler haben sich in das Narrativ „higher for longer“ eingekauft, was den Spielraum für steigende Zinsen einschränkt, ohne dass der Inflationsdruck wieder anzieht. Sollte sich jedoch die Inflation oder die Wirtschaftstätigkeit abschwächen, gibt es ausreichend Spielraum für die Annahme von Zinssenkungen. Somit sind die Zinsrisiken asymmetrisch.
Falls die starke Verbindung zwischen den Zinserwartungen der Fed über das Juniquartal hinaus andauert, sind die Risiken für die US-Zinsen und USD/JPY eher abwärts gerichtet. Das Ausmaß des Abwärtstrends dürfte davon abhängen, ob die Fed eine weiche wirtschaftliche Landung herbeiführen kann.
Fed-Zinserwartungen im Fokus
Nachdem sich USD/JPY zu Jahresbeginn nahezu parallel zu den Renditedifferenzen zwischen den USA und Japan entwickelt hatte, kam es im zweiten Quartal zu einer Umkehrung, da die Zinserwartungen der Fed einen weitaus größeren Einfluss auf die Gesamtentwicklung hatten.
Auf diesem Chart ist die rollierende Tageskorrelation zwischen USD/JPY und verschiedenen Finanzmarktinstrumenten in den vergangenen drei Monaten dargestellt.
Quelle: TradingView, Stonex
Die Korrelation mit der Fed-Funds-Future-Kurve für 2024 war im Juni-Quartal mit 0,89 stark, was darauf hindeutet, dass Verschiebungen bei den Zinserwartungen besonders ausschlaggebend waren. Anhand dieser Kurve lässt sich nachvollziehen, wie der Markt die von der Fed erwarteten Zinssenkungen oder -erhöhungen in einem bestimmten Zeitraum einschätzt.
Das einzige andere Instrument mit einer ähnlich starken Korrelation und fundamentalen Verbindungen war der LNG-Platts JKM Futures mit 0,83, der Referenz-LNG-Kontrakt für Lieferungen nach Japan und Südkorea. Dies dürfte den Status der Vereinigten Staaten als Energie-Supermacht widerspiegeln, während Japan ein großer Energieimporteur bleibt.
BOJ bleibt globaler Ausreißer
Die Bank of Japan (BOJ) setzt das Muster der letzten Jahrzehnte fort und bleibt ein Ausreißer unter den Zentralbanken der Industrieländer. Sie strafft ihre geldpolitischen Zügel in diesem Jahr, während andere große Zentralbanken Zinssenkungen einleiten oder ankündigen. Jede zusätzliche Straffung der BOJ dürfte jedoch im Vergleich zu den erwarteten Lockerungen anderer Zentralbanken bescheiden ausfallen.
Im nachstehenden Chart ist die Entwicklung der japanischen einjährigen Overnight-Index-Swaps (OIS) bzw. des von den Märkten erwarteten durchschnittlichen Tagesgeldsatzes für die nächsten 12 Monate dargestellt.
Quelle: Refinitiv
Die Märkte gehen davon aus, dass die BOJ die Zinssätze im März erstmalig seit 2016 wieder aus dem negativen Bereich anheben wird, und erwarten, dass sie in diesem Jahr mindestens eine weitere Zinserhöhung um 10 Basispunkte vornimmt.
Für USD/JPY spielt dies jedoch eine untergeordnete Rolle.
Doch selbst mit dieser erwarteten Straffung liegt der OIS-Satz für einjährige japanische Yen nur bei 0,2437 %, was im Vergleich zu den Tagesgeldsätzen in den Vereinigten Staaten von 5,25 bis 5,5 % ein verschwindend geringer Wert ist.
Das Gefälle bei der relativen Kreditaufnahme zeigt sich in der gesamten Kurve der US-amerikanischen und japanischen Anleihen. Dies lässt sich dem nachstehenden Chart entnehmen, der die Rendite-Spreads bei Staatsanleihen zwischen den beiden Ländern darstellt. Zweijährige Spreads sind in schwarz, fünf- und zehnjährige Laufzeiten rot bzw. blau dargestellt.
Quelle: Refinitiv
Zwar haben sich die Renditedifferenzen gegenüber den Höchstständen des letzten Jahres verringert, aber selbst die Renditedifferenzen für zehnjährige Staatsanleihen, die engste aller drei Laufzeiten, sind mit über 325 Basispunkten weiterhin hoch.
Auch wenn die Renditedifferenzen im zweiten Quartal weniger Einfluss auf die USD/JPY-Bewegungen hatten, zeigt ein Blick auf die historische Beziehung zwischen den beiden, dass die Abkopplung selten lange anhält. Dies ist zwar nur eine Annahme, sobald die Fed jedoch mit den Zinssenkungen beginnt, wird sich das Augenmerk nicht mehr darauf richten, wann der Lockerungszyklus beginnt, sondern darauf, wie tief die Zinssenkungen ausfallen werden. Dies könnte zu einer verstärkten Konzentration auf relative Renditen führen, die Carry Trades dämpfen oder umkehren könnten.
Da die Fed über einen weitaus größeren Spielraum für Zinsanpassungen verfügt als die Bank of Japan, könnten die Renditedifferenzen in der zweiten Jahreshälfte wieder zu einem entscheidenden Faktor werden. Dies bedeutet, dass die bevorstehenden US-Wirtschaftsdaten eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von USD/JPY spielen könnten. Demgegenüber spielen die makroökonomischen Faktoren in Japan für die Entwicklung von USD/JPY eine weitaus geringere Rolle.
Die Risiken neigen sich in Richtung früherer Fed- Zinssenkungen
Im Jahr 2024 wurden die Zinssenkungen der US-Notenbank nach und nach zurückgefahren, von fast sieben 25-Punkte-Schritten Anfang Januar auf nur noch einen im Juni. Dies lässt sich an der untenstehenden Form der Fed-Funds-Futures-Kurve für 2024 nachvollziehen.
Quelle: TradingView, StoneX
Die Wirtschaftsaktivität und der anhaltende Inflationsdruck haben sich als weitaus hartnäckiger erwiesen, als die meisten Marktteilnehmer zu Jahresbeginn angenommen hatten.
Dennoch es gibt Anzeichen dafür, dass sich der Rahmen verändert.
Nach einer langen Periode positiver Konjunkturdaten haben sich die von Citi erfassten Überraschungen bei den US-Wirtschaftsdaten insgesamt ins Negative gewendet. Dies lässt darauf schließen, dass die Daten häufiger hinter den Erwartungen zurückbleiben als umgekehrt. Somit verzeichnen wir die längste Fehlentwicklung seit 2022, auch wenn die Erwartungen nach einer Verlangsamung der Aktivität im ersten Quartal des Jahres zurückgegangen sind.
Quelle: TradingView, StoneX
Zwar hat die Fed erklärt, dass sie nachhaltige Fortschritte bei der Annäherung der Inflation an ihr 2-%-Ziel sehen muss, bevor sie eine Zinssenkung in Erwägung zieht, aber es ist bemerkenswert, dass der Disinflationstrend, der in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu beobachten war, im April und Mai wieder eingesetzt zu haben scheint. Demzufolge ist eine Lockerung eher in greifbare Nähe als in weite Ferne gerückt.
Angesichts der Tatsache, dass es einige Zeit dauern wird, bis das Vertrauen in die Rückkehr des Preisdrucks auf das Niveau vor der Pandemie wiederhergestellt ist, könnte die andere Mission der Fed – die Förderung der Höchstbeschäftigung – sie schon eher zum Handeln zwingen.
Das Beschäftigungswachstum mag zwar florieren, aber es wird schnell zur Ausnahme von der Regel. Die Anzahl der offenen Stellen geht zurück, während Arbeitslosigkeit und Anträge auf Arbeitslosenunterstützung weiter zunehmen. Konjunkturzyklen haben zwar ihre eigenen Besonderheiten, aber ein Merkmal, das bei den meisten festzustellen ist, besteht in einer Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen, die häufig schnell eintritt. Sollte diese Entwicklung ähnlich verlaufen, besteht das Risiko, dass die Fed bereits im September handeln muss und im November oder Dezember eine weitere Zinssenkung vornimmt.
Ein derartiges Szenario wird zunehmend wahrscheinlicher und stellt keinen Ausreißer dar.
USD/JPY-Ausblick H2
Für USD/JPY zeichnen sich in der zweiten Jahreshälfte 2024 drei plausible Szenarien ab: „higher for longer“, maßvolle Zinssenkungen der Fed und eine harte US-Landung. Im Folgenden wird jeder dieser Faktoren zusammen mit der Wahrscheinlichkeit seines Eintretens und den damit verbundenen Auswirkungen auf USD/JPY erörtert.
„Higher for longer“ (10 %): Die Fed senkt die Zinsen 2024 nicht, während sich die Renditedifferenzen zwischen den USA und Japan in Richtung der Höchststände vom Oktober 2023 vergrößern. Die BOJ wird von der japanischen Regierung zu gelegentlichen Interventionen veranlasst, um der Schwäche des Yen entgegenzuwirken. USD/JPY bleibt im Aufwärtstrend und erreicht die April-Höchststände von über 160.
Maßvolle Zinssenkungen der Fed (55 %): Die Fed nimmt 2024 zwei Zinssenkungen vor, um die wirtschaftlichen Risiken zu mindern. USD/JPY durchbricht den Aufwärtstrend, während der Abwärtstrend aufgrund des Aufschwungs in risikoreicheren Assetklassen begrenzt ist, was die Auflösung von Carry Trades einschränkt. USD/JPY bewegt sich in einer Spanne zwischen 158 und der wichtigsten Unterstützung bei 151,95.
Harte US-Landung (35 %): Historisch gesehen ist eine sanfte wirtschaftliche Landung schwer zu erreichen. Die Fed ist aufgrund eines abrupten Rückgangs der Wirtschaftsaktivität und eines massiven Anstiegs der Arbeitslosigkeit gezwungen, die Zinssätze drastisch zu senken. Die Preise von Anlagewerten schwächeln und die Marktvolatilität nimmt zu, was zu umfangreichen Auflösungen von Carry Trades führt. USD/JPY verzeichnet aufgrund der gestiegenen Risikoscheu einen starken Rückgang und fällt unter die wichtigste Unterstützung bei 151,95. Kommt es zu einem globalen Abschwung, werden die Marktbewegungen unübersichtlich, was zu erheblichen Abwärtsrisiken führt.
Quelle: TradingView, Stonex